Geschichte
Historische Entwicklung der Universitäts-Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Magdeburg
In Magdeburg wurde 1954 eine Medizinische Akademie gegründet.
Sie ging aus den Städtischen Krankenanstalten hervor. Dort bestand schon seit 1888 eine stationäre HNO-Abteilung, die von Friedrich Kretschmann (Schüler von Hermann Schwartze in Halle) begründet und danach von Ohnacker, Kleestedt und Bregulla geführt wurde. 1951 wurde Wilhelm Küstner als Chefarzt eingestellt und mit dem Ausbau der Klinik beauftragt. Als dann die Akademie gegründet wurde, berief man ihn als ersten HNO-Fachvertreter.
Die städtische Klinik wurde Akademieklinik und 1993 dann Universitätsklinik nach Vereinigung von Medizinischer Akademie, Pädagogischer Hochschule und Technischer Universität zur Otto-von-Guericke-Universität.
Friedrich, Robert Kretschmann (1858- 1934)
* 1887 Habilitation
* 1888 Niederlassung in Magdeburg einziger Ohrchirurg
* Gründungsmitglied der Gesellschaft Deutscher Hals- Nasen- Ohrenärzte
Leiter der HNO-Klinik Magdeburg
- Wilhelm Küstner
- Friedrich-Wilhelm Oeken
- Kurt Fendel
- Rudolf Preibisch-Effenberger
- Bernd Freigang
- Christoph Arens
Wilhelm Küstner (1900 - 1981)
* Amtszeit 1954 - 1965
* 1954 Habilitation in Magdeburg
* 1954 Berufung in Magdeburg
* 1965 Ruhestand
Friedrich-Wilhelm Oeken (geb. 1923)
* Amtszeit 1965 - 1975
* 1962 Habilitation in Leipzig bei F. Moser
* 1965 Berufung nach Magdeburg
* 1975 Berufung nach Leipzig
Nach der Emeritierung Küstners 1965 wurde als Nachfolger Friedrich-Wilhelm Oeken, Oberarzt an der Leipziger Klinik, berufen. Oeken habilitierte 1962 bei Fritz Moser in Leipzig. Er verfasste in seiner Magdeburger Amtszeit zusammen mit F. Moser drei Kapitel im Handbuch von Berendes, Link und Zöllner und schrieb mehrere Kapitel in dem zweibändigen von E. Moser herausgegeben in HNO-Lehrbuch. Weitere von ihm und seinen Mitarbeitern veröffentlichte Fachbücher sind: "Notfälle", "Begutachtung", "Fehler und Gefahren bei Routineeingriffen" sowie das HNO-Studentenlehrbuch.
Kurt Fendel (geb.1929)
* Amtszeit 1975-1979
* 1966 Habilitation in Jena bei R. Albrecht
* 1975 Berufung nach Magdeburg
* 1980 Amtsaufgabe und Übernahme einer Chefarztstelle in Solingen
Als Oeken 1975 einem Ruf an die Leipziger Univ.-HNO-Klinik folgte, wurde Kurt Fendel, Oberarzt in Jena, mit dem Ordinariat in Magdeburg beauftragt. Fendel, der 1966 habilitierte, war Schüler von Rosemarie Albrecht in Jena. Er etablierte die Schädelbasischirurgie an der Magdeburger HNO-Klinik. 1979 verließ er die damalige DDR und war danach bis zu seinem Ruhestand als Chefarzt der Solinger HNO-Klinik tätig.
Rudolf Preibisch- Effenberger (1928-2004)
* Amtszeit 1980 - 1993
* 1966 Habilitation in Dresden unter F. Günnel
* 1980 Berufung nach Magdeburg
* 1993 Ruhestand
Rudolf Preibisch-Effenberger war von 1980 bis zu seiner Emeritierung 1994 Direktor der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde der Medizinischen Akademie Magdeburg und späteren Medizinischen Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. In Einsiedel (Nordböhmen) am 13.10.1928 geboren, besuchte er das humanistische Gymnasium in Reichenberg.
Bernd Freigang (geb.1941)
* Amtszeit 1994 - 2006
* 1977 Habilitation in Magdeburg
* 1.Oberarzt bei F.- W. Oeken und K. Fendel
* 1993 Berufung nach Magdeburg
Bernd Freigang wurde am 10.04.1941 in Bautzen geboren. Nach dem Abitur studierte er von 1959 bis 1962 Humanmedizin an der Humboldt-Universität Berlin und anschließend bis 1965 an der Medizinischen Akademie Dresden. Noch im Jahr der Approbation 1965 promovierte er mit einem Thema aus der experimentellen Chirurgie. Seine 1966 unter F. Günnel an der Medizinischen Akademie "Carl Gustav Carus" Dresden begonnene HNO-Facharztweiterbildung setzte er nach wenigen Monaten in Magdeburg fort und schloss sie 1970 unter F.-W. Oeken erfolgreich ab. 1974 erfolgte die Ernennung zum Oberarzt in der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde an der Medizinischen Akademie Magdeburg. 1977 habilitierten sich Bernd Freigang und der Physiker Hellmut von Specht mit dem gemeinsamen Thema: Möglichkeiten und Grenzen der Objektivierung psychosomatischer Messungen mittels langsamer akustisch evozierter Potenziale bei normalem und pathologisch verändertem Hörvermögen.
Am 01.09.1979 erhielt Bernd Freigang die Venia legendi für das Fachgebiet Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde an der Medizinischen Akademie Magdeburg. Zum außerordentlichen Professor für Otorhinolaryngologie an der Medizinischen Akademie Magdeburg wurde er am 01.09.1988 berufen. Von 1972 - 1990 war Bernd Freigang als leitender Oberarzt und stellvertretender Klinikdirektor an der Klinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde der Medizinischen Akademie Magdeburg tätig. Von 1990 bis 1993 arbeitete Bernd Freigang als stellvertretender Klinikdirektor an der HNO-Klinik der Charité Berlin. Diese Zeit verwandte er, seine Fähigkeiten in der Schädelbasischirurgie zu erweitern. 1994 konnte B. Freigang als Chef an seine alte Lehrstätte Magdeburg zurückkehren. Von 1995 bis 1997 war B. Freigang Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums.
Von Anfang an sucht B. Freigang den Dialog mit Fachkollegen. Besonders wichtig ist ihm dabei der Erfahrungsaustausch in den HNO-Fachgesellschaften. Auch als ein Zeichen des Vertrauens wählten ihn die HNO-Ärzte im Osten Deutschlands auf dem letzten Kongress der Gesellschaft für Otorhinolaryngologie und cervico-faciale Chirurgie der DDR 1990 zu ihrem Vorsitzenden. Nach der Wiedervereinigung überführte Bernd Freigang die Gesellschaft in die Nordostdeutsche Gesellschaft für Otorhinolaryngologie und zervikofaziale Chirurgie. Die jährlichen Tagungen u. a. in Berlin, Magdeburg und Greifswald wurden mit großer Zustimmung aufgenommen. Ab 1997 fanden gemeinsame Jahrestagungen von Nordostdeutscher Gesellschaft für Otorhinolaryngologie und zervikofaziale Gesellschaft und Nordwestdeutscher Vereinigung der HNO-Ärzte statt.
Dem großen Engagement des langjährigen Vorstandsmitgliedes Bernd Freigang ist es zu verdanken, dass es 2000 zum Zusammenschluss der beiden Regionalgesellschaften zur Norddeutschen Gesellschaft für Otorhinolaryngologie und zervikofaziale Chirurgie in Hannover kam. Bernd Freigang ist Herausgeber der im Demeter-Verlag erscheinenden Mitteilungen der Norddeutschen Gesellschaft für Otorhinolaryngologie und zervikofaziale Chirurgie. 1992 wurde Bernd Freigang in das Editorial Board der Zeitschrift "Laryngo-Rhino-Otologie" des Thieme-Verlags Stuttgart aufgenommen.
Mit seiner Wahl 1991 in das Präsidium der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie war B. Freigang 8 Jahre in diesem Gremium aktiv tätig. 1994 wurde ihm die Ehre zuteil, Präsident der 65. Jahresversammlung der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie in Chemnitz zu sein.
Am 3. Oktober 1993 wurden die Technische Universität, die Pädagogische Hochschule und die Medizinische Akademie Magdeburg zur Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg vereinigt. Die Medizinische Akademie verlor damit ihre Selbständigkeit und hat heute den Status einer Medizinischen Fakultät. 14 klinisch-theoretische Institute und 29 Kliniken sind im Campus vereint. Als einziges Krankenhaus der Maximalversorgung im nördlichen Landesteil von Sachsen-Anhalt stehen dem Klinikum 1146 vollstationäre Betten zur Verfügung. Mit einer Bettenzahl von 73 wurden an der Univ.-HNO-Klinik Magdeburg 2005 2856 Patienten stationär behandelt. Hinsichtlich der Gesamtzahl der stationär behandelten Patienten nimmt die Univ.-HNO-Klinik den 4. Platz innerhalb des Universitätsklinikums ein. Gegenüber einer Liegedauer von 12 Tagen 1972 und 10,4 Tagen 1994 konnte die durchschnittliche stationäre Verweildauer in der HNO-Klinik erheblich verkürzt werden. Sie beträgt derzeit 7,5 Tage.
Das vergangene Jahrzehnt war durch Bauerhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen der Häuser 8 und 9 innen und außen charakterisiert. Die Fassade des Hauses 8 wurde neu verputzt und farbig gestaltet. Der OP-Trakt und die Patientenzimmer erfuhren eine umfangreiche Erneuerung. Die durch die im Rahmen der allgemein durchgeführten Bettenreduzierung, in der Univ.-HNO-Klinik von 110 auf 73 Betten, freiwerdende Raumkapazität wurde zur Erweiterung der fachspezifischen Funktionsdiagnostik genutzt. U. a. wurden ein Schlaflabor eingerichtet sowie die Vestibularisdiagnostik durch die dynamische Posturografie ergänzt.
Bernd Freigang hat bisher 37 Jahre seine Ideen und sein Potenzial für die Entwicklung und Gestaltung der Magdeburger HNO-Klinik eingebracht. Ob als Assistent, Facharzt, Oberarzt oder Chef, Bernd Freigang verstand es, die Innovationen der jeweiligen Zeit aufzunehmen und in der Univ.-HNO-Klinik in Magdeburg zu etablieren. Widmete er sich in den 60-er Jahren des vorigen Jahrhunderts hörphysiologischen Fragestellungen, stand in den 70-er Jahren die hörverbessernde Chirurgie im Mittelpunkt seines Interesses. In den 80-er Jahren beschäftigte er sich vordergründig mit der Onkologie des Fachgebietes und der dazu erforderlichen plastisch-rekonstruktiven Chirurgie. Seit 1990 gilt sein Hauptaugenmerk der Chirurgie der lateralen und anterioren Schädelbasis, der CI-Implantation sowie der Anwendung implantierbarer Hörgeräte.
Die universellen Interessen und die Vielseitigkeit des Klinikdirektors trugen wesentlich dazu bei, dass das Leistungsspektrum der Klinik in Diagnostik, in konservativer und chirurgischer Therapie sehr breit gefasst ist. Neben dem gesamten diagnostischen und therapeutischen Spektrum einer HNO-Klinik der Maximalversorgung werden u. a. folgende Eingriffe vorgenommen: Cochlea-Implantatoperationen, trans-temporale und translabyrinthäre Akustikusneurinom-exstirpationen, Anbringen von Knochenankern für osseointegrierte Epithesen sowie BAHA, Nasennebenhöhlenoperationen mit Navigation, Orbitotomien, mikrochirurgisch revaskularisierter Gewebetransfer zum Defektverschluss nach komplexen Tumorresektionen im Bereich der oberen Schluckstraße, Implantation selbstexpandierender Stents am hypopharyngo-ösophagealen Übergang, endoskopische Therapie bei paralytischer Dysphagie mit Kollagenaugmentation der gelähmten Stimmlippe sowie Botox-Injektion in den pharyngo-ösophagealen Sphinkter, Resektion von stenotischen Trachealsegmenten mit End-zu-End-Anastomosierung der Trachealstümpfe, transorale laserchirurgische Schwellendurchtrennung beim Hypopharynxdivertikel, Tränenwegschirurgie nach West.
Christoph Arens (geb. 1966)
* 2006 Leitender Oberarzt an der Universitäts-HNO-Klinik Gießen
* 2009 Ernennung zum außerplanmäßigen Professor in Gießen
* 2009 Berufung nach Magdeburg
* 2020 Berufung nach Gießen
* Von 2009 bis 2021 war Arens als Ordinarius an der Magdeburger HNO-Klinik tätig.
Prof. Dr. med. Christoph Arens, geboren 1966 in Limburg an der Lahn, wurde im Jahr 2005 an der Justus-Liebig-Universität Gießen im Fach Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie habilitiert. Seine Habilitationsschrift trägt den Titel "Die Bedeutung der Autofluoreszenz in der Frühdiagnose des Larynxkarzinoms". In dieser Arbeit untersuchte er die Rolle der Autofluoreszenz bei der frühzeitigen Erkennung von Kehlkopfkrebs.
Prof. Arens verfügte über umfassende klinische Erfahrung im gesamten Bereich der HNO-Heilkunde, insbesondere in der Diagnose und Behandlung von Kehlkopferkrankungen und Tumoren der oberen Atemwege. Seine Forschung konzentrierte sich auf die Diagnostik von Kehlkopfkrebs und seinen Vorstufen sowie auf die Entwicklung und Anwendung endoskopischer Bildgebungstechniken. Von 2016 bis 2020 war er Prodekan und Vertreter des Dekans der Medizinischen Fakultät in Magdeburg. Im Mai 2021 kehrte Christoph Arens auf den Lehrstuhl seiner Heimatfakultät an der HNO-Klinik der Justus-Liebig-Universität in Gießen zurück.
Quellen
- Archiv Schmietendorf
- Archiv Audiovisuelles Medienzentrum Univ.-Klinikum Magdeburg
- K. Fleischer, H. H. Naumann: Akademische Lehrstätten und Lehrer der Oto-Rhino-Laryngologie in Deutschland im 20. Jahrhundert
- E. Pies. Eisenbarth. Das Ende einer Legende. Verlag E. & U. Brockhaus. Wuppertal 2004.